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Phänomen "Begpacking" "In ein armes Land zu reisen und dann auch noch Geld zu erbetteln, ist pervers"

Ohne Geld die Welt bereisen: Begpacker glauben, dass das geht - und ziehen scharfe Kritik auf sich. Einige Länder gehen bereits gegen die bettelnden Touristen vor.
Backpacker an einer Bahnstation in Bangkok (Symbolfoto)

Backpacker an einer Bahnstation in Bangkok (Symbolfoto)

Foto: kiszon pascal/ Getty Images

Eine Auszeit, die Welt bereisen, andere Länder und Kulturen sehen - nicht jeder hat das nötige Budget, um sich diesen Traum zu erfüllen. Die Lösung: Arbeiten, Geld sparen, kürzertreten oder sich im Urlaub etwas dazuverdienen. Doch diese klassische Reisefinanzierung scheint einigen Touristen zu mühselig zu sein: Sie wollen ganz einfach Geld geschenkt bekommen.

In sozialen Medien kursieren Fotos von Reisenden, die in vorwiegend südostasiatischen Ländern um Geld für ihre Weltreise betteln. Für das Phänomen gibt es sogar einen Begriff: Begpacking, zusammengesetzt aus den englischen Wörtern "Backpacking" (Rucksackreisen) und "beg", also betteln. Die so Reisenden sitzen etwa mit Schildern in Einkaufszonen oder belebten Vierteln, auf denen steht "Helft uns, um die Welt zu reisen" oder "Ich reise ohne Geld um die Welt. Bitte unterstützt meinen Trip".

Da die Reise- und Unterhaltskosten in Asien meist günstig sind, reichen wenige Euro aus, um sich eine Mahlzeit und eine Unterkunft leisten zu können. Was den Reisenden egal zu sein scheint: Diese Länder sind so günstig aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage, die Bevölkerung ist oft arm. Viele Einheimische betteln unfreiwillig, um sich ihr alltägliches Leben leisten zu können.

Die Kommentare unter den Postings sind dementsprechend kritisch: "Wer es sich nicht leisten kann, zu reisen, sollte nicht reisen", steht da etwa. Oder: "Reisen ist eine Entscheidung. Nicht nur irgendeine Entscheidung, sondern eine luxuriöse".

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Eine Frau aus Bali wird noch deutlicher: "Lieber Begpacker, nur damit du Bescheid weißt: Wir haben viele Menschen, denen es schwer fällt, täglich ihr Essen auf den Tisch zu bekommen und keinen angemessenen Lebensstandard haben. Vielleicht wäre es besser, ihnen zu helfen, anstatt euch Geld für eure Weltreise zu geben???"

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Das Phänomen ist kein neues. Bereits vor drei Jahren haben die thailändischen Behörden begonnen, bei der Einreise zu prüfen, ob die Backpacker über ein ausreichendes Budget verfügen. Dennoch tauchen immer wieder Fotos von bettelnden Touristen in Bangkok  oder anderen Teilen des Landes auf.

Bali will Begpacker an ihre Botschaften verweisen

Nun wird es offenbar auch der indonesischen Urlaubsinsel Bali zu viel. Die Einwanderungsbehörde will gegen Begpacker vorgehen und diese zu ihren Botschaften schicken: "Ausländer, die kein Geld haben oder so tun, als ob sie obdachlos seien, schicken wir zur Botschaft ihres jeweiligen Landes", sagte Ngurah Rai Seti Budiwardoyo von der Einwanderungsbehörde in Denpasar der Website "Detik" .

Die Botschaften seien verpflichtet, sich um ihre Bürger zu kümmern. "Wir haben viele Fälle von problematischen Touristen gesehen", sagte er. "In letzter Zeit sind es hauptsächlich Australier, Briten und Russen." Während Bali sich sonst um gestrandete Touristen gekümmert hätte, müssten die Kosten nun von der einheimischen Botschaft übernommen werden, hieß es. Mit strafrechtlichen Maßnahmen müssten die Touristen jedoch nur rechnen, wenn sie in kriminelle Machenschaften verwickelt seien.

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Warum auch Menschen bestrafen, die friedfertig auf der Straße sitzen? Die Journalistin Helen Coffey argumentierte im britischen "Independent", dass die Fotos der Begpacker aus dem Kontext gerissen sein könnten. "Jeder hat doch mal eine Horror-Reise-Story erlebt", schrieb sie in einem Kommentar  als das Phänomen bereits 2017 scharf kritisiert wurde.

Es passiere Reisenden immer wieder, dass sie überfallen werden und ohne Geld an fremden Orten festsäßen. "Nicht jeder Mensch, auch wenn er aus einem wohlhabenden Land kommt, hat die Mittel, um sich aus einer schwierigen Situation zu retten, wenn es im Ausland zum Schlimmsten kommt", so Coffey. Es sei unfair, bettelnde Touristen zu verurteilen, ohne die genauen Hintergründe zu kennen.

Tourismusexperte verurteilt Begpacking scharf

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismusforschung sieht das anders: "Das Phänomen Begpacking ist für den Tourismus eine Katastrophe", sagt Jürgen Schmude. "Tourismus ist für viele Länder ein wichtiger Wirtschaftszweig - das funktioniert aber nur, wenn Touristen Geld in das Reiseland bringen und nicht, wenn sie es von der einheimischen Bevölkerung erbetteln."

In den Gastgeberländern könne Begpacking als neue Form der Ausbeutung aufgefasst werden. "In ein armes Land zu reisen und dann auch noch von den Einheimischen Geld zu erbetteln, ist pervers und zeigt die Respektlosigkeit gegenüber den Gastgebern", sagt Schmude. "Diese Touristen kommen offenbar meist aus der westlichen Welt und sorgen damit für ein negatives Image von westlichen Touristen - obwohl sie eigentlich nur eine sehr kleine Gruppe sind."

Es gebe schon lange das Phänomen, mit minimalem Budget um die Welt zu reisen. Aber viele würden dann eben im Reiseland für eine Weile arbeiten, um sich die Weiterreise zu finanzieren. "Ich fasse Begpacking als Maximierung von Egoismus und Individualismus auf: Es wird als 'billige' Möglichkeit aufgefasst, ein Land zu bereisen", sagt Schmude. "Die Touristen sind sich dabei über die Folgen ihres Handelns offenbar gar nicht bewusst."

Influencer-Paar will Geldspenden für Reise

So gibt es auch immer wieder Debatten um Influencer, deren Hotelaufenthalte oder Aktivitäten finanziert werden, wenn sie auf ihren vielfrequentierten Kanälen Werbung für etwa Unterkünfte oder Orte machen.

Der Aufruf eines Influencer-Pärchens an seine Follower auf Instagram sorgte vor einigen Wochen für Empörung bei den eigenen Fans: Auf ihrem Account "Another Beautiful Day" baten Catalin Onc und Elena Engelhardt ihre Follower um Geld für ihren Tandemtrip durch Afrika. 10.000 Euro wollen sie zusammenbekommen - als Gegenleistung versprechen sie Bilder ihrer Reise.

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Sie wurden mit einem Shitstorm und einer sehr zurückhaltenden Spendenbeteiligung gestraft: Gerade einmal 817 Euro kamen innerhalb eines Monats auf ihrer Crowdfunding-Seite  zusammen. Unter dem Post hieß es unter anderem schlicht: "Sucht euch einen Job!"

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