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Freiwilliges Soziales Jahr: „Man lernt sehr viel für sich selbst“

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d3c24cd4-c744-4dcb-86ec-6d7b8827d4e6.jpg © Archiv

Wer seinen Schulabschluss in der Tasche hat, muss nicht sofort mit Studium oder Ausbildung weitermachen. Eine andere Option sind Sozialdienste. Doch für Einrichtungen in der Region ist es nicht immer einfach, junge Menschen dafür zu begeistern.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ermöglicht es, sich in der Gesellschaft sozial zu engagieren. Im Landkreis gibt es viele Angebote, um sich einzubringen. Zum Beispiel beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK): „Im September fangen fünf junge Frauen und Männer bei uns an“, sagt Markus Beil, Rettungsdienstleiter in Bad Tölz. „Damit sind wir in einer relativ glücklichen Lage.“ Wie im vergangenen Jahr hat das BRK allerdings auch viel Werbung gemacht, vor allem im Internet. „Ohne geht es nicht mehr.“

Dieses Problem kennt Dietlinde Schoch von den Oberland-Werkstätten in Geretsried. „Leider hat sich heuer niemand beworben.“ Die Situation sei in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden. „Auslandsaufenthalte oder das Engagement im ökologischen Bereich sind attraktiver geworden“, meint die Betriebsleiterin. Dabei gibt es in den Werkstätten viel zu tun, und die Arbeit mit behinderten Menschen ist nicht einseitig. „Neben der Arbeit gehen die FSJler mit zum Sport, begleiten beim Essen und sind Ansprechpartner für Sorgen und Nöte“, berichtet die 50-Jährige. Im Rahmen eines FSJ können junge Menschen laut Schoch erleben, wie bereichernd es ist, mit behinderten Menschen zusammenzuarbeiten.

In den Oberland-Werkstätten in Gaißach sieht es etwas besser aus. „Heuer hatten wir drei FSJler, ab September fängt immerhin ein junger Mann neu bei uns an“, berichtet Betriebsleiterin Carolin König. Frühzeitig Interessierte zu finden, habe bislang problemlos funktioniert. Die FSJler arbeiten in den Werkstätten im Bereich der Industriemontage mit und übernehmen kleinere Pflegetätigkeiten. „Das Tolle an diesem Jahr ist, dass sich junge Menschen eine berufliche Perspektive entwickeln können“, sagt König. „Es hat so manchen schon dazu bewogen, eine Ausbildung oder ein Studium im pädagogischen Bereich zu beginnen.“

Betriebsleiterin der Oberland-Werkstätten in Gaißach.
Carolin KönigBetriebsleiterin Oberland-Werkstättenin Gaißach. © red

Dass ein FSJ ein Wegweiser für die Zukunft sein kann, findet auch Gabi Strauhal vom AWO-Demenzzentrum in Wolfratshausen. Es ist in puncto FSJ bislang ebenfalls gut aufgestellt. „Momentan ist eine junge Frau bei uns, im September beginnt ein junger Mann“, berichtet die Sozialdienstleiterin. Aktiv nach Freiwilligen suchen müsse sie nicht. „Sie kontaktieren uns. In der Regel haben wir immer eine Person im Haus.“ Deren Aufgabe sei es, die Fachkräfte bei der alltäglichen Betreuung der Hausbewohner zu unterstützen und sich um hauswirtschaftliche Tätigkeiten zu kümmern. Das Besondere an einem solchen Jahr im Demenzzentrum? „Man lernt sehr viel für sich selbst“, so die Sozialdienstleiterin. „An Demenz erkrankte Menschen leben im Moment. Sie denken weder über die Vergangenheit nach, noch machen sie Pläne für die Zukunft.“ Die Arbeit sei zwar anstrengend, aber „hier erfährt man, was im Leben wirklich wichtig ist“.

Im Sport gibt es ebenfalls Möglichkeiten, ein Freiwilliges Soziales Jahr zu absolvieren. Der TuS Geretsried ist dafür eine beliebte Anlaufstelle. „Einen FSJler zu bekommen, war bisher kein Problem für uns“, berichtet Geschäftsführerin Karina Rebele. „Wir machen keine Werbung, die Mundpropaganda funktioniert sehr gut.“ Die Arbeit im Sportverein ist vielfältig: Vormittags steht Büroarbeit auf dem Programm, nachmittags unterstützen die FSJler die Trainer der verschiedenen Sportarten. Außerdem erhalten sie über den Bayerischen Landessportverband eine Ausbildung, um selbstständig Gruppen leiten zu können. Die Organisation des Sommercamps ist ebenfalls Aufgabe der FSJler. „Wer gerne Sport macht und mit Kindern arbeitet, ist bei uns genau richtig“, so Rebele.

Franziska Kovacevic beendet dieser Tag ihr Freiwilliges Soziales Jahr beim Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit in Geretsried. „Diese Erfahrung empfehle ich jedem“, sagte die 20-Jährige kürzlich in einem Pressegespräch. Ihr hat die Arbeit nicht nur Spaß gemacht, sie gab ihr vor allem Orientierung: „Man findet sehr schnell heraus, was gefällt und was nicht.“

Von einer „Selbstfindungsphase“ spricht der Geschäftsführer des Trägervereins, Rudi Mühlhans. Ein weiter Vorteil: „Das Angebot ist ein Pluspunkt im Lebenslauf. Es zeigt, dass ich bereit bin, mich in der Gesellschaft zu engagieren“, sagt der Benediktbeurer. Kovacevic ist überzeugt, dass ihr Dienst geholfen hat, um an der Wolfratshauser Heilerziehungspflegeschule angenommen zu werden. Dort wird sie ab September die Schulbank drücken. Parallel macht sie ihr Fachabitur. Durch ihr FSJ weiß die 20-Jährige: Ein sozialer Beruf ist ihr Traumjob.

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